Kommen wir zu den geheimnisvollen Strassen mit dem Namen einer Hauptstadt zurück. Dadurch konnten wir uns oft vom Alltag entfernen und in eine Welt zu treten, in der die Häuser uns die Geschichte der Stadt erzählen. Calea Dorobanți strahlt immer in der Sonne aus: Licht, Aufregung, Tätigkeit. Die Läden stellen ihre Waren aus, man sieht die Kunden zu den Banken gehen, die Hektik ist für Bukarest emblematisch. Hier und da kann man aber die sogenannten Raumtore bewundern. Es geht um die Strassen Madrid, Washington, Lissbon und Brüssel, die uns den Zugang zu einer ganz anderen Welt ermöglichen.

Egal von welchem Winkel das Wohnviertel mit den Strassen, die den Namen der Hauptstädte und der Länder haben, betrachtet wird, ist der plötzliche Übergang von der Hektik zur Ruhe mit dem Mittagsschlaf, der dem Bürgertum spezifisch ist, immer erschütternd.
Diesemal gehen wir zur Calea Dorobanți, zur Lissbon Strasse
Die Gegend mit den Wohnungen, die für die Beamten bestimmt wurden

Es ist eine kleine Strasse. Sie verzweigt sich ziemlich schnell und bildet eine Art Plätzchen mit einem eleganten Kleinpark. Die Lissbon Strasse kreuzt sich mit der Brasilien Strasse und „zergeht” in der Brüssel Strasse.
Die Gebäude wurden am Anfang des XX. Jahrhunderts errichtet, als dieser Stadtteil durch die „Dorobanți Aufteilung” systematisiert wurde.
Unter den Unterschriften des Architekten Dimitrie Mohor und des Ingenieurs Andrei G. Ioachimescu erschien im Jahre 1914 der Aufteilungsplan der Gegend, wodurch es möglich war, die Wohnungen aufgrund der relativ vorbestimmten Pläne zu bauen. Diese Wohnungen waren für die Beamten des Finanz- und des Kriegsministeriums bestimmt. Die Gegend hatte eine Oberfläche, die heute den Strassen Brasilien, Brüssels, Madrid und Washington entspricht.
Bis 1916, als Rumänien in den Ersten Weltkrieg trat, wurden hier acht Gebäude errichtet. Im Zeitraum 1920-1921 fand die zweite Entwicklungsphase des Projektes statt und es wurde die Genehmigung für 60 Gebäude beantragt. Leider führte der Zweite Weltkrieg zur Begrenzung der Bauwerke. Trotzdem haben wir eine wichtige Hinterlassenschaft von dieser Zeit, die auch heute bewundert werden kann.
Die Lissbon Strasse hat die Unterschrift des Architekten Dimitrie Mohor

Man kann über die Lissbon Strasse behaupten, dass die Gebäude die Eigenschaften des Stils des Architekten Dimitrie Mohor behalten. Er benutzte häufig für seine Bauwerke die definitorischen Elemente des neorumänischen Stils, wie die Holzpfeiler der Pavillons, die Verandas, usw. Herr Architekt Mohor war der Autor vieler Pläne der Wohnungen, die auf dieser Strasse gebaut wurden.
Dimitrie Mohor war der Chefarchitekt der Gemeinschaftsgesellschaft für die billigen Wohnungen und unter der Leitung dieses Verbandes wurden damals mehrere Gebäude in vielen systematisierten Wohnvierteln der Stadt errichtet.
Mohor ist eigentlich einer der Architekten aus der Generation, die die Reifung der einheimischen Einflüsse in der Architektur bestimmte. So wie man schon erwähnte, war für ihn der neorumänische Stil spezifisch.
Eine intime Strassen mit vielen geheimnisvollen Noten
Wegen diesem herrschenden Stils kann man eine Einheit der Lissbon Strasse beobachten. Dieses Einheitsgefühl wird auch durch die monumentalen Villas von Nummer 1 und 2 betont, die sich dem Park gegenüber befinden.
Ein besonderer Eindruck wird vom imponierenden Gebäude von Nummer 3 vermittelt, der sich durch neoklassische Elemente und Motive kennzeichnet.
Die Anordnung der Gebäude, aber auch die Tatsache, dass sie wie eine bäuerliche Festung aussehen, vermitteln Intimität, aber auch eine geheimnisvolle Note für jede Wohnung und gleichzeitig für die ganze Strasse. Wegen der geplanten Anordnung der Häuser hat man das Gefühl, dass man sich „vom Alltag entfernt”. Die Strasse distanziert sich eindeutig von der Hektik des benachbarten Boulevards.

Die Art und Weise, wie der Architekt den Plan dieser Gegend entwarf, ermöglicht die Vergrösserung des Freiraums. Darüber hinaus hat man auch eine Aussicht auf den Verkehr. Der Projektant beschloss, dass die Gebäude sich nicht einreihen, so dass sie ein Plätzchen bilden.
Durch die Architekturlösungen, die in dieser Gegend benutzt wurden, konnte man nachträglich bestimmte multifunktionale Gebiete vorsehen. Dadurch konnte sich das Konzept der „Garten- Stadt” entwickeln, das in der damaligen Architektur schon bekannt war. So erklärt sich das Vorhandensein des kleinen Parks inmitten der Lissbon Strasse, der ebenfalls Intimität vermittelt und den Einwohnern aus dieser Gegend die Möglichkeit anbietet, eine Weile anzuhalten um sich zu entspannen.

Der Tourist, der in dieses Wohnviertel spazierengeht, könnte sich auch eine Weile von der Aufregung der Cafes und der Läden auf der Dorobanți Strasse distanzieren. Der Tourist sollte die besonderen Architekturelemente, die ausserordentlichen Zierdetails bewundern und sich des Schattens der reichen Vegetation erfreuen.


